Frühe Kindheit und Angst: Warum fehlende Geborgenheit uns ein Leben lang begleiten kann

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Wo beginnt die Angst wirklich?

Manche Menschen können nicht einschlafen, ohne ein Geräusch im Hintergrund.
Andere brauchen ständig jemanden, der erreichbar ist.
Und wieder andere spüren, dass sie innerlich nie ganz satt werden, egal, wie viel Nähe, Erfolg oder Anerkennung sie bekommen.

Was all diese Erlebnisse verbindet, ist ein unbewusster Mangel, der oft aus der oralen Phase stammt – jener Lebenszeit, in der die Brust der Mutter Symbol für Liebe, Halt und Geborgenheit war.

die orale phase - ursprung vieler ängste

In der Psychoanalyse bezeichnet die orale Phase die ersten Lebensmonate, in denen das Kind die Welt über den Mund erfährt.
Wenn die Mutter (oder eine andere Bezugsperson) feinfühlig reagiert, füttert, tröstet, hält, entsteht im Inneren des Babys ein stilles Wissen:
„Die Welt nährt mich. Ich bin sicher.“

Doch wenn diese Versorgung unzuverlässig, unruhig oder zu früh beendet war, etwa durch nicht empathisches Abstillen, emotionale Distanz oder Trennung, entsteht ein Bruch im Gefühl von Sicherheit. Das Kind lernt unbewusst:
„Ich bin nur sicher, wenn jemand da ist.“

In der Psychoanalyse sprechen wir in solchen Fällen von einer oralen Fixierung, einem Teil in uns, der in dieser frühen Phase „stehen bleibt“. Er sucht sein Leben lang nach etwas, das sättigt oder beruhigt, sei es in Beziehungen, im Essen, im Arbeiten oder in der Kontrolle über das eigene Leben.

vom oralen mangel zum primären narzissmus

Freud beschrieb den primären Narzissmus als einen frühen Zustand, in dem das Kind seine gesamte Libido, also seine psychische Energie, auf das eigene Selbst richtet. In dieser Phase erlebt das Kind sich und die Welt noch als Einheit: Es ist vollkommen zufrieden, solange seine Bedürfnisse unmittelbar beantwortet werden.

Wenn die mütterliche Versorgung feinfühlig und konstant erfolgt, kann das Kind dieses Gefühl von Allmacht und Geborgenheit langsam in ein stabiles Selbstgefühl verwandeln.
Doch wenn die Versorgung ausbleibt, schwankt oder unzuverlässig ist, wird der primäre Narzissmus verletzt.
Das Kind erlebt sich plötzlich nicht mehr als „eins mit der Welt“, sondern als getrennt, unvollständig, hungrig.
Aus diesem Bruch entsteht ein tiefes Gefühl von Mangel und Ohnmacht – der psychische Boden, auf dem später Angst, Kontrollbedürfnis oder übermäßige Selbstgenügsamkeit wachsen können.

Angst ist dann nicht nur eine Reaktion auf äußere Bedrohung, sondern das Echo eines verlorenen inneren Gleichgewichts.
Sie erinnert unbewusst an jene frühe Zeit, in der Sicherheit nur im Anderen, an der Brust, in der Berührung, im Blick, erfahrbar war.

Beispiel aus der Praxis: Angst vor dem Alleinsein

Eine Patientin erzählte mir, dass sie jede Nacht mit eingeschaltetem Podcast einschlafen müsse.
„Sobald es still wird, kommt Panik“, sagte sie.

Im Laufe einer länger andauernden Analyse tauchten Erinnerungen (durch Träume, die wir gemeinsam analysierten) auf, dass sie als Baby viel weinte und oft von verschiedenen Personen betreut wurde. Ihre Mutter stillte nur wenige Wochen, weil sie rasch wieder arbeiten ging. In ihren Träumen lag sie allein in einem dunklen Raum und schrie, bis ihre Stimme versagte.

Diese frühen Erfahrungen hatten sich tief eingeprägt:
Alleinsein = Gefahr.
Ihr erwachsenes Ich wusste längst, dass niemand sie im Dunkeln verlässt, aber ihr Körper, ihr Unbewusstes, erinnerte sich an eine andere Wahrheit.

angst als echo des frühen mangels

Viele Erwachsenenängste sind Erinnerungen ohne Worte.
Sie stammen aus einer Zeit, in der es noch keine Sprache, aber sehr wohl Gefühle gab.
Wenn wir damals keinen verlässlichen Halt fanden, lernen wir später, ihn im Außen zu suchen, in Menschen, Strukturen oder Tätigkeiten. Doch nichts davon stillt die Sehnsucht wirklich.

Was du heute als Angst, Schlafstörung oder Überforderung erlebst, war einst vielleicht ein Überlebensversuch, dein kindlicher Weg, mit Trennung und Hilflosigkeit umzugehen.

der weg zur inneren sättigung

Heilung bedeutet nicht, die Angst loszuwerden.
Sondern zu verstehen, woher sie kommt und nachträglich das zu entwickeln, was damals fehlte: innere Sicherheit.

In der psychoanalytischen Arbeit geschieht das oft, indem wir den alten Schmerz spürbar machen, nicht, um ihn zu wiederholen, sondern um ihn endlich zu verwandeln.
Wenn du lernst, dich innerlich zu beruhigen, dich selbst zu halten und dir zuzuhören, geschieht genau das, was in der oralen Phase versäumt wurde:
Du nährst dich selbst.

Die Brust der Mutter steht sinnbildlich für diesen inneren Ort, dort, wo du dich heute selbst halten darfst.
Und wenn du beginnst, dich von innen zu nähren, verwandelt sich Angst langsam in Vertrauen.

Nachreifung durch Beziehung

In einer psychoanalytischen Therapie kann dieser Zustand langsam nachgereift werden.
Die therapeutische Beziehung wird dabei zum neuen, haltgebenden Raum, in dem alte unbewusste Erwartungen, „Werde ich gehalten? Werde ich verstanden?“ erneut erlebt und bearbeitet werden dürfen.

Dieser Prozess aktiviert oft jene frühe narzisstische Bedürftigkeit, die in Form von Angst, Sehnsucht oder Wut wieder auftaucht.
Doch diesmal gibt es jemanden, der bleibt, der nicht zurückweicht, sondern hilft, das Gefühl zu halten.
Dadurch entsteht Schritt für Schritt jene innere Funktion, die ursprünglich von außen kommen musste: die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, zu trösten und liebevoll zu begegnen.

Heilung bedeutet dann nicht, keine Angst mehr zu fühlen,
sondern sie halten zu können, ohne sich selbst zu verlieren.
Der Mensch, der einst abhängig war vom Blick und der Nähe des Anderen, kann sich nun innerlich nähren und das verlorene Gleichgewicht zwischen Ich und Objekt, zwischen Bedürftigkeit und Selbstliebe, wird wiederhergestellt.

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fazit: was du tun kannst

Viele Ängste wurzeln nicht in der Gegenwart, sondern in frühen Erfahrungen, in denen Sicherheit noch vom Anderen abhing. Wenn du heute unter innerer Unruhe, Kontrollbedürfnis oder dem Gefühl innerer Leere leidest, versuch nicht, die Angst zu bekämpfen, sondern sie zu verstehen.

Frage dich: Was in mir sucht noch nach Halt, den ich damals nicht finden konnte?
Psychoanalyse kann dabei helfen, diese frühen Wunden sichtbar zu machen und nachträglich jene innere Sicherheit aufzubauen, die in der Kindheit fehlte.

Wenn du merkst, dass du deine Angst nicht allein halten kannst, ist das kein Versagen, sondern ein Zeichen, dass du dich auf einem tiefen Weg der Nachreifung befindest, hin zu Vertrauen, innerer Ruhe und echter Selbstliebe.

Meine Lieben, vielen Dank, dass Ihr bis hierher gelesen habt. Ich freue mich auf deinen Kommentar und Interesse.

Beste Grüße,

Stefanela Čiča

Online Gruppenpsychotherapie bei Ängsten, Panik, Phobien

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